Karriere

Welche Berufsaussichten haben Anthropologen? Welche Wege nehmen sie im Anschluss an ihr Studium? Wir haben ehemalige Anthros gefragt und diese Antworten bekommen:

Albert Pukaj, München

Nach meinem Bachelorstudium der Biologie an der JGU hat es mich für den Master ins 250 m entfernte Institutsgebäude der Anthropologie verschlagen und ich bereue keine Minute!

Das Anthropologie-Masterstudium lehrt Humanevolution und Genetik auf allen Ebenen, sei es auf die Variabilität heutiger Primaten inkl. des Menschen bezogen oder mit Blick auf paläontologische und historische Fragen. Letzterer Aspekt war für mich mehr als faszinierend, da er eng mit dem Erlernen bioinformatischer Methoden verknüpft, und daher meine zukünftige Karriereplanung nachhaltig beeinflusst hat.

In der AG Burger bekommt man die seltene Möglichkeit unter Anleitung versierter Betreuer und anhand echter Daten grundlegende Programmierfähigkeiten zum Bearbeiten und Analysieren von NextGenerationSequencing(NGS)-Daten zu erlangen. Die Praxis des NGS wird in hervorragender Weise an die Studenten mitvermittelt und bereitet ideal zum Einstieg in die Arbeit in genetisch orientierten Forschungseinrichtungen vor.

Für meine Masterarbeit in der AG Palaeogenetik konnte ich mich in die Programmiersprache Python einarbeiten, welche mir den Weg zu bioinformatischen Stellenangeboten geebnet hat. Da ich mich in dem Zusammenhang intensiv mit der Vorhersage phänotypischer Ausprägungen anhand genetischer Daten befasst habe, bin ich schlussendlich in einer Promotionsstelle an der TU München in der Abteilung für Neurologie des Klinikums rechts d. Isar gelandet, in der ich meine erlangten Fähigkeiten in die  Forschung und Krankheitsverlaufsvorhersage  von Multipler Sklerose (u.v.m.) auf ebenfalls genetischer Grundlage einbringen kann.

Immer wieder stelle ich dabei fest, dass mein Studium und allen voran die Zeit in der Palaeogenetik die perfekte Vorbereitung für diese Stelle waren und mir vielerlei Fertigkeiten in der Analyse von Genomen mitgegeben wurden. Die Arbeit mit ancientDNA (aDNA) lehrte mich, mit schwierigeren und bruchstückhaften Genomdaten umzugehen und erweist sich erstaunlicherweise immer wieder als hilfreich.

Michael Stang, Köln

Ich bin Wissenschaftsjournalist in Köln und arbeite für den Hörfunk der ARD und den Deutschlandfunk. Ich schreibe aber auch für die FAZ, DPA und DIE ZEIT. Hier finden Sie mehr über mich: www.michael-stang.de. Nach dem Studium bin ich über ein Stipendienprogramm für junge Natur- und Technikwissenschaftler zum Wissenschaftsjournalismus gekommen. Ich beschäftige mich weiterhin mit klassischen Themen aus der Anthropologie, etwa Humanevolution, Genetik, Verhaltensbiologie, Primatologie, Neolithische Revolution etc., also alles Bereiche, die mich schon während des Studiums in Mainz interessiert haben. Kürzlich habe ich einen Zeitungsartikel mit meinem früheren Betreuer Joachim Burger über Ahnenforschung publiziert.

Oskar Schnappauf, Freiburg

Derzeit bin ich am Max Planck Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg, wo ich direkt im Anschluss an mein Anthropologiestudium in Mainz eine Promotionsstelle angeboten bekam. In Mainz hatte ich zuvor alle grundlegenden Fertigkeiten der molekularen Biologie, wie PCR, Restriktionsverdau, Gelelektrophorese oder bioinformatische Analysemethoden gelernt. In den genetischen Praktika der Anthropologie und vor allem während meiner Diplomarbeit in der Arbeitsgruppe von Prof. Zischler bekam ich dann letztendlich das nötige Wissen und die praktischen Fähigkeiten für meine anschliessende Doktorarbeit. Aber auch das grundsätzliche Arbeiten im Labor habe ich während meiner Diplomarbeit am Institut für Anthropologie gelernt. Viele meiner Freunde wohnen noch in Mainz und ich komme immer wieder gerne für ein Wochenende zu Besuch.

Ekkehard May, Berlin

Ich bin jetzt Leiter eines Labors und einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe in der Pharmasparte der Bayer AG (Bayer Healthcare). Ich versuche mit meinen Mitarbeitern herauszufinden, ob Substanzen, die als mögliche Medikamente für onkologische, gynäkologische oder cardiovaskuläre Erkrankungen entwickelt werden – und ein geeignetes Sicherheitsprofil haben – auch Potential zur Behandlung von Erkrankungen, die nicht im Focus unserer Organisation stehen, haben könnten. Ich habe nach dem Diplom in Mainz zunächst auf dem Gebiet der klinischen Immunologie an der Uni-Klinik der JoGu Mainz promoviert, dann, während einer kurzen PostDoc-Phase in Homburg/Saar und Mainz, einen 2,5-jährigen Aufenthalt als PostDoc in den USA organisiert. Nach Rückkehr und einem ca. 1,5-jährigen Intermezzo als wissenschaftlicher Assistent in der Anthropologie an der LMU in München, bin ich zur damaligen Schering AG nach Berlin in die pharmakologische Forschung gewechselt. Das Anthropologiestudium hat mir gezeigt, dass ich mich in jedem Fall nach dessen Abschluss wissenschaftlich weiter mit dem Menschen beschäftigen würde. Mein Interesse an der Beschreibbarkeit der diachronen Veränderung des Menschen sowie der regionalen genetischen und phänotypischen Vielfalt in der Gegenwart hat sich im Anthropologiestudium dann auch auf medizinisch-pathologische Aspekte ausgedehnt. Initial waren dabei skelettpathologische Kurse. Hier habe ich erstmals eine „Bambusstabwirbelsäule“, wie sie früher bei der ankylosierenden Spondylitis vorkam, gesehen, eine genetisch prädisponierte Autoimmunerkrankung, an deren Erforschung ich später auch immunologisch gearbeitet habe und die Gegenstand meiner Dissertation wurde. Eine sehr gute Vorbereitung für diese Promotionsarbeit war das humangenetische Kursprogramm im Rahmen der Anthropologie.

In der Anthropologie habe ich folgende Dinge gelernt: Systematische Literaturarbeit, Erarbeitung naturwissenschaftlicher Fragestellungen, Umgang mit großen Datensätzen und Datenbanken, Umgang mit exzentrischen Menschen, Statistik, Anatomische Grundkenntnisse, Einstieg in medizinische Fragestellungen, Labormethoden der Humangenetik, Immunologie und Serologie.

Ursula Arndt, Vancouver

Nach meiner Magisterarbeit in Palaeogenetik habe ich ein Jahr fuer das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (damals IZW) als Wissenschaftliche Mitarbeiterin gearbeitet.Nach Abschluss des Projekts in Berlin bin ich für meine Doktorarbeit nach Kanada (Vancouver) gegangen. Hier habe ich mehr oder weniger durch Zufall Mitarbeiter von TRAFFIC/WWF-Canada kennengelernt. Wir haben zusammen wärend meines Studiums an einem Wildlife Forensic Projekt kollaboriert und ich bekam dort noch meinem Abschluss eine Teilzeitstelle. Zur Zeit unterrichte ich ausserdem Einführung in die Biologische Anthropologie an einer Universität in Vancouver. Wenn alles glattgeht, werde ich demnächst ein „Postdoc“ machen. Das Ziel ist eine Akademische Laufbahn mit enger Zusammenarbeit mit ENGOs und Behörden im Bereich Wildlife Trade.Sowohl nach meinem MA als auch nach meinem PhD habe ich direkt eine Stelle gehabt. Mein Studium in der Anthropologie hatte von Anfang an den Vorteil, daß ich mich nicht nur auf ein enges Thema begrenzen musste sondern relative interdisziplinär lernen und arbeiten kann. Obwohl ich mich schon während meiner Magisterarbeit für Conservation Biology interessiert habe, hätte ich nicht erwartet, daß Conservation Biology und in den letzten Jahren Wildlife Forensics eine so grosse Rolle spielen würde. Aber meine jetzige Arbeit ist ein guter Weg, um meine Kenntnisse der Palaeogenetik auf heutige akute Probleme wie illegalen Handel von wilden Tieren und Pflanzen anzuwenden.Für mich war (und ist) Anthropologie interdisziplinärer als viele andere Fächer. Mein Schwerpunkt in Pälaeogenetik ist fuer mich die perfekte Balance zwischen moderner Technologie und prähistorischer Forschung. Durch das Studium habe ich daher gelernt, mich schneller in fachnahe aber auch neue Fächer einzulesen. Das kam mir zum einen für meine Doktorarbeit zu gute als auch bei meiner Arbeit bei WWF. Während meines Studiums hatte ich Glück dass ich in Mainz (besonders bei den Anthropologen) gute Komilitonen hatte. Im Bereich der Palaeogenetik hat das Mainzer Labor einen international sehr guten Ruf, für mich öffnete das, so denke ich, einige Türen. Mit meinem ehemaligen Betreuer und dem Palaeogenetik Labor bin ich bis heute in Kontakt geblieben, Mainz ist immer noch meist die erste Anlaufstelle, wenn guter Rat gefragt ist.

Oliver Zupke

Seit Abschluss meiner Promotion 2012 bin ich als Projektleiter bei einem dienstleistenden Unternehmen auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung tätig. Die Stelle habe ich gleich im Anschluss an mein Studium gefunden. Die theoretische und praktische Ausbildung am Institut für Anthropologie ist optimal, die Ausstattung der Labore und die Betreuung der Praktika und Übungen sehr gut, so dass man in vielerlei Hinsicht sehr viel mitnehmen kann. Ich habe viele unterschiedliche Fähigkeiten während meiner Ausbildung erworben: Wissenschaftliches Arbeiten, Verfassen wissenschaftlicher Texte, Aneignung einer Vielzahl von molekularbiologischen und bioinformatischen Methoden. Mainz ist eine sehr schöne Studentenstadt mit einer typischen Campus-Uni.

Christina Wurst


Ich habe meinen Master in Anthropologie als eine der ersten Absolventen des neuen Masterstudiengangs in Mainz beendet und bin gerade dabei meine Doktorarbeit in der Paläogenetik an der EURAC in Bozen (Italien) anzufertigen. Hier im Institut für Mumien und den Iceman beschäftige ich mich hauptsächlich mit alter DNA menschlicher Überreste, arbeite aber auch mit Proben von Menschenaffen und bin auf der Suche nach dem genetischen Hintergrund der Arteriosklerose. Auf diese Weise kann ich mit der Paläogenetik, der Primatologie und der medizinischen Genetik gleich drei sehr interessante Teilgebiete der Anthropologie miteinander verbinden. Mein wohl bekanntester Proband ist die 5300 Jahre alte Gletschermumie „Ötzi“.

In Mainz wurde viel Wert darauf gelegt den Studenten neben den grundlegenden Techniken auch die neusten Methoden beizubringen. So wurde ich schon während meines Masterstudiums beispielsweise mit Next Generation Sequencing und den anschließenden bioinformatischen Schritten der Datenauswertung vertraut gemacht. Durch die Zusammenarbeit mit der Universitätsmedizin bekam ich Einblicke in klinisch relevante Themen und Arbeitsabläufe. Zusammen mit einem hohen Anteil an praktischem Unterricht in den unterschiedlichen Laboren wurde ich so sehr gut auf das Berufsleben (oder eben das Leben als Doktorand 😉 ) nach dem Master vorbereitet. Darüber hinaus konnte ich meine Masterarbeit an der JGU in einem der modernsten aDNA-Labore anfertigen, was für meine derzeitige Laufbahn nur von Vorteil war.